Freitag, 28. Juni 2013

Star Trek: Into Darkness (2013)



In Zeiten in denen JJ Abrams wohl größter Traum, nämlich Herrscher über Star Wars zu sein, in Erfüllung gegangen ist, geht er noch einmal mit dem Franchise ins Kino dem er das überhaupt zu verdanken hat. Denn sind wir ehrlich, ohne seine Umbauarbeiten an Star Trek wäre er nicht bei Star Wars, auch weil die Unterschiede zwischen beiden Franchises dadurch verringert wurden. Wie gut oder schlecht das ist, darüber kann man streiten. Fakt ist allerdings dass diese Änderungen zum Überleben von Star Trek beigetragen haben, und es wieder in ein profitables Franchise verwandelt haben. Schade nur dass dies auf Kosten der Intelligenz geht.

Denn an der Intelligenz, daran krankt das neue Star-Trek-Universum wohl am meisten. Klar, man versucht sich viel einfallen zu lassen um möglichst viele Dinge aus dem alten Universum übernehmen zu können, aber es funktioniert nicht so ganz, weil sich da scheinbar die Autoren nicht gut genug mit der Materie auskennen. Zumindest nicht unter den offiziellen Voraussetzungen die im neuen Star-Trek-Universum gelten. An sich sind ja die Zeitverläufe beider Universen identisch bis zu dem Zeitpunkt zu Kirks Geburt, weil da ja Nero aufgetaucht ist und von den Scans die die Sternenflotte von seinem Raumschiff angefertigt hat neue Technologie rückentwickelt wurde. Dieses Ereignis und die daraus resultierende technologische Revolution sind es die ALLES in diesem neuen Universum erklären sollen, aber letzten Endes funktioniert das natürlich nur bedingt, zumindest wenn man es genau nimmt (was der geneigte Trekkie ja schon immer gerne getan hat).

Zur Story: Die Enterprise ist frisch von einer mehr oder minder missglückten Forschungsmission zurückgekehrt (die Forschung und die Nichteinmischung wurden wohl mit Vollgas ignoriert, aber alle Crewmitglieder haben überlebt). Kirk wird dafür degradiert und zur Akademie zurück geschickt (seit was das Usus ist weiß ich nicht, aber hey, das nehmen wir mal so hin, eine Strafe für den neuen Kirk ist vielleicht nicht ganz dumm). Aber bald verübt ein geheimnisvoller Terrorist einen Anschlag auf ein Archiv der Sternenflotte, und man versucht händeringend diesen aufzuhalten, und natürlich muss Kirk hierbei mit von der Partie sein...

Soweit zur Story ohne Spoiler. Man hat sich wirklich bemüht Twists einzubauen, darum lasse ich die auch mal spontan offen. Aber im Folgenden lässt sich nicht vermeiden dass ich Dinge hier spoilere, also spreche ich eine offizielle SPOILERWARNUNG aus.
Es fängt damit an dass die Enterprise zur Überwachung einer Kultur in einem Meer geparkt wird, anstatt dass sie standardmäßig im Orbit warten würde. Mir leuchtet nicht ein warum das nötig ist, auch wenn man sich verbotenerweise in die ansässige Zivilisation eingemischt hat um ihr Überleben zu sichern. Man hätte das alles vom Orbit aus unter Benutzung des Transportersystems, ohne Shuttle und Actionsequenzen bewerkstelligen können. Klar, weniger schön fürs Auge, aber intelligent UND effizient. Außerdem ist es doch so lustig dass die Enterprise undicht ist und da Meerwasser ins Schiff eindringt, das aber im Anschluss keinerlei Probleme hat durchs Weltall zu fliegen. Normalerweise bin ich einer der letzten denen solche Logikfehler auffallen, aber ich denke das Klatschen meiner Hand an meine Stirn war bis Qo'noS, der Heimatwelt der Klingonen zu hören. Vielleicht sogar weit hinein in den Deltaquadranten, wo es Borg und Kazon aufschreckt (Name Dropping kann ich auch, Mister Abrams!). Und solche kleinen Fehler gibt es in nicht ganz unbeträchtlicher Zahl. Auch wenn das in den Kinofilmen Tradition hat, hier stört es mich mehr als beim direkten Vorgänger.

Was mich auch ein wenig ärgert ist die allgemeine Tradition dass neuere Star-Trek-Filme ein Remake vom Zorn des Khan sein müssen. Immer geht es um Rache und den persönlichen Kampf zweier Kommandanten, und man erwartet an jeder Ecke Kirks legendären "Khaaaaaaan!"-Schrei. Naja, gewissermaßen kommt er ja auch immer wieder, wenn man es recht bedenkt. Auf alle Fälle, außer in First Contact hat das eigentlich nie so recht funktioniert, weil Khans übergroßes Charisma einfach zu viel überschattet hat. First Contact bildet durch die Kälte der Borg und ihre Fremdartigkeit da eine nette Ausnahme (die auch ihre ganz eigenen logischen Schwächen hat).

Aber dieser Film hier treibt das ganze auf die Spitze. Hier haben wir es mit dem leibhaftigen Khan höchtpersönlich zu tun, und seine Darstellung ist mit Blick auf den Hintergrund sogar noch beleidigender als es beim zutiefst göttlichen Ricardo Montalban, dem Mann mit den schönsten Brustmuskeln der Welt, schon der Fall war. Warum? Khan soll ein Sikh sein. Sikh, das ist eine Religion mit Ursprung in Indien, über die ich leider viel zu wenig weiß, aber es gibt da Dinge die Sikh aus religiösen Gründen optisch erkennbar machen.
1. Sie tragen jederzeit ein Messer am Körper, da die Religion es gebietet wehrhaft sein zu können. Dieser Faktor ist wahrscheinlich inzwischen durch rein symbolische Messer umgehbar, ich will mich da nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen. Aber das ist zumindest was was ich noch im Kopf habe.
Wichtiger jedoch ist optischer Faktor 2: Sikh sollen sich Haare und Bart nicht schneiden, oder sich zumindest einen Bart stehen lassen. Ich denke die Interpretation ist da ähnlich wie im orthodoxen Judentum, dass man nichts göttliches verletzen soll, und jeder Teil des menschlichen Körpers, inklusive der Haare, ist nach dem Abbild Gottes geschaffen, entsprechend soll man das nicht verstümmeln. Ich hoffe ich habe da jetzt nichts falsch erklärt, schließlich will ich da niemanden religiös verletzen. Wer also besser bescheid weiß, gerne bescheid geben.

So oder so, dass Khan Noonien Singh ein Sikh ist, das scheint man allgemein nie richtig verstanden zu haben, da ist weder die Darstellung durch einen Latino, noch ein White Washing in der Neuauflage förderlich. Auch wenn beide wirklich gut spielen. Also stellt sich die Frage welchen Khan ich bevorzuge, und ich muss sagen, ich bleibe bei Ricardo Montalban. Nicht aus Prinzip, sondern weil sein Khan für mich der interessantere, charismatischere Anführer ist. Der neue Khan ist vor allem in zwei Modi zu erleben: entweder er brütet böse vor sich hin, oder er tickt aus. Da habe ich beim Original mehr Gefühl von Charaktertiefe, aber ich denke da spielt auch persönlicher Geschmack mit.

Außerdem redet der Film immer davon dass man einer Militarisierung der Sternenflotte entgegenwirken will, die der böse Admiral 'Robocop' Marcus (ernsthaft, gespielt von Peter Sellers) entgegenwirken will, aber wenn man sich dieses neue Universum mal genauer anschaut merkt man, dass diese Militarisierung im Vergleich zum alten Universum längst eingetreten ist. Subtil unterstreicht dies das Auftauchen von Dr Carol Marcus, Kirks ehemalige Liebhaberin und Wissenschaftlerin im Original, im neuen Universum Waffenexpertin und Lieferantin eines Unterwäscheaugenblicks (der reichlich doof ist). Aber man muss sagen, die Frau spielt annehmbar und gefällt mir auch optisch gut, allerdings wird sie nur wenig charakterisiert.

Man merkt, da sind viele Parallelen, aber alles muss krampfhaft irgendwie anders sein. Das ganze erinnert vom Stil her irgendwie an einen Family-Guy-Marathon, es hagelt hunderte Anspielungen, und alles wird mit dem ganz eigenen Twist aufgelöst. Man will damit alteingesessenen Fans gefallen, und ich denke damit hat man auch zu weiten Teilen Erfolg. Aber ich muss sagen, mir ist das ganze ein wenig unangenehm. Das neue Universum schafft es scheinbar nicht so recht auf eigenen Füßen zu stehen, immer wieder sind Querverweise und Name Dropping nötig um den Leuten klar zu machen dass das ganze hier wirklich, voll echt und so, immer noch Star Trek ist. Ein wenig schade und vielleicht auch ein wenig traurig, aber vielleicht fängt sich das ganze noch. Darum befürchte ich ja fast ein wenig, dass im nächsten Film dann auch schon die Borg angeeiert kommen, vielleicht hat man aber auch die Eier den hier schon angedeuteten Konflikt mit den Klingonen ausbrechen zu lassen. Die haben nämlich einiges Potenzial, auch wenn sie, wenn sie ihre Helme nicht tragen, nicht mehr so interessant aussehen wie früher mal, fehlen doch die langen Haare und die lustigen Bärte. Naja, alles muss sich modernen Moden anpassen, schätze ich. Wer weiß schon was die Haute Couture von Qo'noS gebietet.

SPOILER ENDE.

Alles in allem also eine ziemlich gemischte Tüte. Einerseits ein wirklich unterhaltsamer Effekte-Actioner, andererseits der Beigeschmack von Doofheit und Schludrigkeit. Designs, Effekte, Sounds, Action und sogar Schauspiel sind wirklich gut, umso mehr ärgert es mich wenn da an anderer Stelle nicht die gleiche Aufmerksamkeit ins Projekt gesteckt wird. Aber wenn man sein Hirn abschalten und ein wenig ausblenden kann was Star Trek so alles bedeutet, dann wird man definitiv fürstlich unterhalten. Aber genau das kann ich leider nicht ganz, zumindest nicht in diesem Fall. Ich mochte den direkten Vorgänger trotz Schwächen WIRKLICH, dazu stehe ich auch jederzeit. Aber bei diesem Film wird mir schmerzhaft bewusst, dass Gene Roddenberrys humanistische Vision einer Zukunft in der wir versuchen friedlich unser Wissen zu mehren, und starke Gemeinschaften mit allen Wesen die wir auf dem Weg treffen eingehen, leider nicht zeitgemäß ist. So wunderschön dieser Traum auch heute noch ist, leider wird er nur zu gerne für Explosionen und coole Actionsequenzen geopfert. Der philosophie Anteil der Star Trek auch jederzeit ausgemacht hat, etwa wenn man über die Implikationen der Obersten Direktive nachdenkt, oder die Definition von Leben und dem Umgang damit, der fehlt leider zum größten Teil, oder wurde durch sehr plakative und grobe Gedanken ersetzt, eben Opferereitschaft, Freundschaft und natürlich Rache. Ich hatte nicht einmal das Gefühl dass sich kritisch mit Rache auseinandergesetzt wurde, dabei ist das doch eine Stärken des Franchises (man denke nur an Picards Realisierung nach seinem Meltdown wegen seiner Wut auf die Borg in First Contact).

Aber um das ganze mit positivem zu beenden: Das Schauspiel ist wirklich klasse. Am besten fand ich persönlich Carl Urban als Doktor McCoy der PERFEKT herumbrummelt, und Simon Pegg als Mister Scott, dessen Großartigkeit neue Maßstäbe in Star Trek sucht. Tatsächlich ist er dermaßen ULtra MEGa supER, dass ich für seine tollen Momente das Wort ULMEGER erfinden musste, um sie wirklich würdigen zu können. Ja, man macht hier also wirklich was richtig. Genauso wie der kurze Moment mit Mister Sulu auf dem Captainsstuhl, da scheint die Großartigkeit der Darstellung des Vorgängers George Takei geradezu durch.

Alles in allem also eine echt unterhaltsame Achterbahnfahrt mit kanon- und intelligenztechnischen Defiziten. Kann man sich aber definitiv anschauen, allerdings garantiere ich nicht dass es bei Trekkies nicht zu Wutanfällen kommen könnte. Also mit Vorsicht genießen.

Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich wohl eine 6,5 geben.



Cheerio!!

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